Rennsteiglauf 2021

Es ist endlich wieder soweit: Nach 615 Tagen steht wieder ein Wettkampf auf dem Programm und er findet auch tatsächlich statt: Mein letzter Wettkampf war 2020 in Rodgau (einer der wenigen der überhaupt noch stattgefunden hat). Nunmehr ist es 2021 und der Rennsteiglauf wurde aus dem Mai in den Oktober verschoben. Etwas komisch fühlt es sich dann nach mehr als einen Jahr dann aber doch an, seine Sache zu packen, den Zeitmesschip zu entstauben und sich auf den Weg nach Eisenach zu machen. Eine Sache hat sich gefühlt nicht geändert (oder war wohl nur während der Lockdowns entspannter): Die Verkehrslage – so richtig flüssig kommen wir nicht voran. Somit bin ich mit der Familie gerade rechtzeitig an der Jugendherberge in Eisenach, die läuft immer noch auf Sparbetrieb – gerade mal eine Gruppe und zwei Familien sind gemeldet. Gut, dass die Abholung der Unterlagen bis Abends um 21h offen hat. Das ist nach dem Check-In und Auto-Entladen dann die nächste Station. Es läuft alles sehr routiniert ab, auch wenn sich die Locations etwas verschoben haben und die Ausgabe der Startunterlagen nunmehr in Containern auf dem Marktplatz erfolgt. Am Abend wollen wir eigentlich noch in unserer Stammgaststätte, dem Kartoffelhaus essen, bekommen aber leider keinen Platz mehr. Dafür finden wir einen würdigen Ersatz mit dem Gasthof am Storchenturm, ebenfalls sehr zentral gelegen und mit einer leckeren Auswahl an Gerichten.

Am Wettkampftag geht es dann auch in aller Frühe aus den Federn – der Wecker klingelt mich um 5:30h aus dem Bett. Die Starts sind zwar der Dunkelheit wegen um 30 Minuten nach hinten verschoben gegenüber Mai und zudem wird corona-konform in Blöcken gestartet. Das klappt recht flott und fast zu gut, wir sind vor dem geplanten Zeitslot schon in der Startaufstellung und um 6:45h knallt dann auch der Startschuss, auch dieser etwa 5 Minuten vor der Zeit. Am Start ist es im Vergleich zu meinen bisherigen Teilnahmen sehr ruhig – es stehen keine großen Mengen Zuschauer an der Strecke – immerhin einige vereinzelte Anfeuerungsrufe gibt es in der Fußgängerzone. Ein Blick auf meine Uhr sagt mir: „viel zu schnell“ – mit 5 min/km flitze ich durch die Innenstadt – das kann auf die lange Strecke nicht klappen. Zumal ich mir als Ziel diesmal wirklich nur ankommen vorgenommen habe. Mein Training im Herbst ist absolut nicht auf derartige Wettkämpfe ausgelegt. Gerade mal einen 25km Lauf habe ich am Wochenende zuvor kurzfristig einbauen können und unter der Woche nimmt der Vorbereitungskurs auf den Herbstlauf als Trainer Zeit ein, die ich normalerweise als eigenes Training verwenden würde.

Am Ortsausgang steht eine Samba-Band und heizt uns nochmal ganz ordentlich ein, bevor es an die erste Steigung aus Eisenach raus geht – natürlich steht dort auch das legendäre Orts-Ende-Schild mit Ende Eisenach, nächster Ort Schmiedefeld in 72km. Es ist noch sehr dunkel auf der Strecke – gut dass auf den folgenden Passagen immer wieder Helfer mit Fahrzeugen am Rand geparkt sind und mit den Autoscheinwerfern die Strecke beleuchten. Sonnenaufgang ist erst gegen halb acht, es dämmert zwar schon wenn man in die Felder kommt, aber auf den Waldabschnitten ist es noch verdammt dunkel. Meine Kopfleuchte, die ich für Nachtläufe sonst verwende habe ich nicht dabei aber die braucht es auch nicht.

Mir wird bereits reichlich warm, es geht ja auch ordentlich bergauf. Ich überlege schon ob ich nicht doch etwas zu warm angezogen bin. Zudem zwinge ich mich bei einigen steileren Anstiegen bereits jetzt in den Energiesparmodus und gehe diese nach oben, auch wenn wir das eigentlich widerstrebt und ich die Steigung wohl auch joggend erklimmen könnte – aber ich weiß ja was noch kommen wird. Nach rund 7km ist bereits die erste Versorgung erreicht, ich genehmige mir einen Becher Tee, der ist leicht gezuckert, damit sollten die Kohlenhydrate für die nächsten Kilometer nicht ausgehen. Bis zum Einstieg an den Rennsteig ist es dann auch nicht mehr weit. Der Pfad ist zwischenzeitlich etwas trailig aber immer noch gut zu laufen. Kurz nach dem Einschwenken gibt es nochmals einen schönen Blick zurück auf die Wartburg in Eisenach. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagt mir, dass Marion und die Kinder wohl gerade unterhalb der Wartburg gemütlich beim Frühstück sind. Für mich gibt es zur Erheiterung einen Rennsteig-Gruß: Ein Gitarrenspieler steht fast schon verlassen an der Strecke und singt das Rennsteiglied.

Ehe ich es mich versehe kommt auch schon die nächste Versorgungsstation, immerhin etwas mehr als 10km liegen hinter mir. Ich nutze den Anstieg im Gehen direkt danach um Marion eine erste Meldung zu schicken – ich plane aktuell mit 7 bis 8 min/km, zumindest ist das mal der aktuelle Schwankungsbereich meiner Geschwindigkeit wenn es nach meiner GPS-Uhr geht.

Bis zur Glasbachwiese sind es dann wieder einige Kilometer, gelegentlich unterhalte ich mich mit einigen anderen Läufern – einige peilen bereits jetzt die Schmücke an, die erste Station an der es offiziell ein Bier an der Versorgung gibt. Bis dahin sind es aber noch etwas mehr als 60km, also besser gar nicht drüber nachdenken. Stattdessen freue ich mich über die nächste Versorgungstation an der Glasbachwiese. Begrüßt werde ich mich „Thunder“ von AC/DC. Die Musikauswahl ist gewöhnngsbedürftig, direkt darauf folgt ein Schlager. Gut dass ich da schon Haferschleim, Tee und Schmalzbrot abgegriffen habe und weiterlaufen kann.

Die nächste Versorgung ist schon recht bald, am Dreiherrenstein gibt es nochmal etwas zu trinken – ich wähne schon den großen Inselsberg in der Nähe und auch die Anstiege werden immer steiler. Zu meiner Verwunderung will der Inselsberg nicht auftauchen – aber irgendwann muss er ja kommen. Es stellt sicht bald heraus: Ich habe mich falsch an die Route erinnert und den Berg bereits um den Kilometer 20 verortet, in Realität ist er jedoch erst bei 25km. Bis man oben ist sind nochmals einige sehr anspruchsvolle und steile Anteile der Strecke zu überwinden – joggen ist da nicht mehr, da hilft nur noch gehen. Immerhin stehen kurz vor dem Inselsberg dann auch noch einige Leute und feuern lautstark die Läufer an. An der Kuppe liegt dann auch eine Matte für die Zwischenzeit. Das Wetter hat sich etwas eingetrübt, es regnet noch nicht, aber der Wind ist gerade auf den Höhen sehr böig und kommt noch dazu meist von vorne. Ich bin froh über meine Kleidungswahl und habe zwischenzeitlich auch meine Jacke wieder vollständig angezogen.

Nun geht es erst mal steil bergab vom Inselsberg an die Grenzwiese. Ein Läufer meint auch, dass er sich zum x-ten Male bereits am Inselsberg eine Rolltreppe für bergab gewünscht hat, die aber immer noch nicht eingebaut ist. Die Abwärtsstrecke geht ganz gut auf die Oberschenkel und nach all dem bergauf ist diese Bewegungsrichtung etwas ungewohnt. Am Ende des Abstiegs ist dann auch endlich ersehnte nächste Versorgung, eigentlich hätte ich dort an der Versorgung auch meine Support-Crew erwartet, aber ich kann sie nicht entdecken. So mache ich mich weiter wieder bergan von der Grenzwiese auf.

Die Strecke führt auf breiten Waldwegen durch den Thüringer Wald, mal mehr mal weniger grob geschottert. Man sieht dem Wald durchaus die ein oder andere Nutzung bzw. Schäden an – immer wieder gibt es freie Flächen, stellenweise auch mit Hinweistafeln auf die verschiedenen Stürme die sich hier verewigt haben. Am Parkplat Heuberghaus steht dann auch die Familie, für die war es sicherer angesichts der Zeit gleich diesen Punkt anzufahren anstelle es an der Grenzwiese zu versuchen. Gefühlsmäßig bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich die Strecke gut bewältigen kann – noch bin ich in einem Bereich den ich zumindest ansatzweise trainiert habe, es geht langsam in den Bereich über den ich „aus dem Kopf“ laufen muss. Noch geht das alles recht gut, auch weil ich konsequent langsam mache wenn es steil wird.

uch in guter Erinnerung habe ich die folgende Strecke bis ans Possenröder Kreuz, dort gibt es ein echtes Highlight der Strecke, eine ganze Band steht direkt neben der Versorgung und sorgt für musikalische Untermalung. So hört man die Station auch noch etliche hundert Meter nach der Pause, das gibt einem dann doch einen gewissen Schwung. Die Strecke ist weiterhin abwechslungsreich, es gibt immer wieder schöne Ausblicke aber auch Phasen in denen wir durch dichten Wald laufen. Innerlich ringe ich etwas mit meinem Schweinehund – noch ist die Hälfte der Strecke nicht geschafft. Aber bis zur Halbzeit ist es auch nicht mehr all zu weit hin. Ich motiviere mich erstmal damit, dass es ja weniger als ein Marathon ist der noch vor mir liegt. Also durchaus eine machbare Distanz. Zudem freue ich mich auf die Rast an der Erbertswiese bei 36,9km – also ziemlich genau Halbzeit. Doch bevor es an die Ebertswiese geht, ist erst einmal ein Notfall zu versorgen: Eine Teilnehmer ist gestürzt und liegt am Boden. Bis ich dort ankomme ist die Bergwacht schon alarmiert und auf dem Weg. Da die Läuferin ansprechbar ist und nur über starke Schmerzen im Schulterbereich verfügt und ihre Partnerin ohnehin vor Ort bleibt laufe ich kurzerhand weiter, viel mehr kann ich als Ersthelfer ohnehin nicht tun. Nur wenige hundert Meter später kommt uns auch schon die Bergwacht auf einem Quad entgegen gefahren – gar nicht so ohne bei der Menge Läufer die gerade unterwegs sind.

An der Ebertswiese gibt es zweierlei Motivation, erstes ordentlich was zu futtern, ich greife wie üblich bei Würstchen mit Senf und Ketchup zu. Zudem gibt es Queen mit „don’t stop me now“ auf die Ohren. Das Motto gefällt mir und so bin ich wenige Minuten später auch schon wieder auf dem Rennsteig unterwegs. Ich nutze dabei die Steigung um nochmal etwas weiter zu kauen, bis ich den Anstieg erreicht habe ist dann auch der Apfel vollständig aufgefuttert. Auf dem Bergrücken kann ich dann auch wieder anlaufen, es ist weiterhin windig und frisch, aber immerhin reißen die Wolken langsam ein wenig auf und die Sonnenbrille kommt doch noch zum Einsatz. Zudem sind es auch nur ein wenig mehr als drei Kilometer bis zur nächsten Station, im Gegensatz zur Ebertwiese lässt sich die neue Ausspanne gut anfahren, daher steht Marion mit den Sohnemännern dort und feuert nochmal kräftig an. Mittlerweile bis ich mir recht sicher: Bis ins Ziel komme ich, aber die Zeit wird nichts hitverdächtiges. Das bestätigt sich kurz nach der neuen Ausspanne, es folgt ein kräftiger Anstieg, fast passgenau zur Marathon-Marke. Ziemlich genau 5h bin ich nunmher unterwegs – als Marathonzeit für mich ein absoluter Tiefpunkt, aber auf den Ultradistanzen gelten ja andere Maßstäbe, zumal im ersten Post-Pandemie-Lauf für mich.

Die Steigung bis kurz vor die Neuhöfer Wiesen muss ich durchgängig gehen, aber es fühlt sich nicht so schlimm an wie ich befürchtet hatte – in der Regel orientiere ich mich an den anderen Läufern um mich herum – auch diese schalten an den meisten Steigungen einen Gang runter und gehen diese zügig nach oben. Wobei ich durchaus merke dass es weniger die Kraft ist die mir gerade fehlt, es mangelt ein wenig an der Kondition bzw. dem Training ausreichend Kalorien zu den Muskeln zu transportieren. So kann ich auch in den Anstiegen immer wieder Läufer einsammeln. Natürlich gibt es auch immer wieder einige Sprinter die dann zügig von hinten kommen, einige sammle ich im Laufe der Strecke dann aber auch wieder ein – Streckenkenntnis ist hier doch ein gewisser Vorteil. An der Neuhöfer Wiese gibt es dann auch wieder Energie in Form von Obst, Haferschleim und Tee. Zudem fülle ich meine Trinkflasche auf, auf den letzten Kilometern ist es doch merklich wärmer geworden. Zum Ausziehen der Jacke kann ich mich aber nicht recht überwinden – die Oktobersonne hat doch nicht ganz die Kraft die stellenweise sehr schattige Strecke nachhaltig ein wenig zu erwärmen. Zudem pfeift der Wind weiterhin kräftig und auch weiterhin meist von vorne, das bekommt man nunmehr an jeder Lichtung deutlich zu spüren.

Die Strecke führt nun sehr schön durch einen dunklen Tannenforst der rechts und links sehr nah an den schmalen Weg heran reicht. Durch die Nadeln auf dem Boden läuft es sich angenehm weich, kein Vergleich zu den Abschnitten an denen man nur groben Schotter unter den Füßen hat. Im Kopf läuft derweil die Rechenmaschine an, leider auch wieder mit einer fehlerhaften Annahme, ich verorte den Grenzadler als größere Versorgung bei Kilometer 56, zudem habe ich die Station am Gustav-Freytag-Stein nicht so richtig auf dem Schirm. Aber willkommen ist die natürlich trotzdem, es gibt nochmal warmen Tee und gesalzene Banane, musikalisch untermalt von Pat Benatar mit „Love is a Battlefield“ – mit diesem Motivationssong im Ohr und vielen positiven Erinnerungen an ein Konzert in Washington DC läuft es sich gleich wieder viel leichter. Und natürlich bin ich um so erfreuter als die ersten untrüglichen Zeichen auftauchen, dass man in der Nähe von Oberhof ist. Die Trainingsloipe des Leistungssportzentrums kreuzt unseren Weg. Es stellt sich angesichts der Ausschilderung wieder einmal die Frage: Wer hat denn nun Vorrang wenn das Schild darauf hinweist: „Sportler haben Vorrang“? Das meine Erinnerung nicht ganz stimmen kann weiß ich spätestens als ich kurz vor Kilomterschild 54 bereits am Grenzadler auf dem Parkplatz stehe.

Marion ist mit den Kindern allerdings nicht dort, ich mache aber nur kurz Pause und gebe im Weiterlaufen Bescheid dass ich am Grenzadler durch bin. Die nächste Möglichkeit wäre ggf. „Rondell“ eine weitere Rennsteigquerung die auch gut anzufahren ist. Dort hat mich Marion bei der letzten Teilnahme abgepasst, leider steht sie diesmal nicht nach der Brücke. Dafür bekomme ich die Meldung, dass sie mich wohl am Grenzadler um ca. 10 Minuten verpasst hat – ich gebe ihr Bescheid, dass ich noch ca. sieben Kilometer bis Schmücke habe. Im Kopf bin ich natürlich weiterhin am Abschätzen was den Rest der Strecke betrifft. An der Sommerwiese tanke ich nochmal Tee und Apfelsaftschorle, der Abschnitt danach ist mir als recht anspruchsvoll und steil in Erinnerung auch wenn es von der Sommerwiese erst einmal leicht bergab geht. Aber bereits eine Kurve später geht es dann wieder bergan. Laut GPS habe ich nunmehr 59km hinter mir, also nur noch ca. 15km bis ins Ziel, Aufgeben oder Aussteigen ist jetzt keine Option mehr.

Der nächste wichtige Punkt ist der höchste Punkt des Rennsteigs am großen Beerberg mit 973m über dem Meeresspiegel. Bei meiner ersten Teilnahme lag dort noch ein kümmerliches Häufchen Restschnee, ich bin froh dass diesmal nicht bereits der erste Neuschnee dort liegt. Ab diesem Punkt geht es fast nur noch bergab in Richtung Schmiedefeld, zudem sind es nur noch etwas mehr als 11km bis ins Ziel. Ich merke wie gut ich motiviert bin, mahne mich allerdings ein wenig zur Vorsicht. Das hilft zwar dabei nicht vor lauter Übermut auf die Nase zu fallen bei den nunmehr sehr wechselhaften Streckenbedingungen, teilweise sehr grob geschottert und dann wieder total feucht und durchgeweicht, dass man um die Pfützen herum laufen muss, aber langsamer werde ich dennoch nicht so richtig. Meine Uhr misst Zeiten die eigentlich viel zu schnell sind, häufig bin ich unter meiner Zielpace von 6 min/km unterwegs, stellenweise sogar und 5:30 min/km. Aber wenn es gerade so gut läuft, dann soll es eben so sein. So richtig anstrengend fühlt sich das schnelle Tempo gerade nicht an, auch wenn ich die Erschöpfung doch etwas merke. Insbesondere die Oberschenkel melden sich langsam zu Wort.

Kurz vor der Schmücke steht die Familie nochmal an der Strecke – bis an die Schmücke kann man leider nicht ranfahren als Besucher. Wir vereinbaren als nächsten Treffpunkt das Ziel, es sind ja nun auch nur noch etwas weniger als 9km bis dorthin. Fast schon mit Schwung laufe ich wenig später an der Versorgung in Schmücke ein – dort liegt auch nochmals eine Zeitmessmatte. Es gibt noch ein letztes Mal Obst und Haferschleim für mich, dazu nochmal reichlich Salz damit auf den letzten Kilometern nichts mehr anbrennt. Ich bemerke mittlerweile eine gewisse Diskrepanz zwischen der Streckenbeschilderung und meiner GPS-Messung – die Pendelrunden an den Versorgungen haben sich wohl doch etwas aufsummiert. Das Kilometerschild 65 steht erst kurz nach der Versorgung. Jetzt sind es auch offiziell weniger als 9km. Allerdings bin ich mir aus dem Kopf nicht mehr sicher ob es dieses Jahr jetzt 73,2 oder 73,6 oder doch 73,9km waren. Vorsichtshalber rechne ich überschlägig mit 74km plus einen Kilometer als Toleranz zum Ausgleich der Differenz.

Rund einen Kilometer später heißt es dann auch: Ausfädeln aus dem Rennsteig, es geht weiterhin ordentlich bergab, aber ich weiß ganz genau: Von Mordfleck bis Bierfleck und somit der letzten Versorgung gibt es nochmal einen kräftigen Anstieg. So lange es aber abwärts geht fliegen die Kilometer fast an mir vorbei, da kann mich auch der stellenweise nochmal anspruchsvolle Untergrund nicht wirklich bremsen. Die Zeiten liegen ständig unter 6 min/km und ich lasse es nun auch wirklich einfach laufen weil ich merke dass meine Reserven auf alle Fälle reichen, auch wenn ich mich nicht mehr in der Lage fühle das Tempo bewusst nochmal zu steigern. Die Steigung gehe ich nach oben und wähne schon das 70km Schild am Baum, aber leider ist es dann doch nur das 69km Schild, also noch rund 5km bis ins Ziel. Am Bierfleck gibt es auch Bier, aber davon lasse ich dann doch die Finger. Nunmehr ist die Strecke auch nicht mehr so anspruchsvoll, es geht auf einem gut ausgebauten Waldweg immer gen Schmiedefeld zu. Immer wieder fällt mein Blick auf meine Uhr – es ist schon praktisch wenn man weiß wie weit es ungefähr noch ist – kein Vergleich zu den früheren Abschätzungen anhand der Laufzeit bzw. der Halbmarathonbeschilderung (dieser Lauf findet aufgrund der Pandemie erst am Sonntag den 3. Oktober statt, so  gibt es weniger Auflauf im Zielbereich).

Ich hole immer noch Läufer ein und lasse es nun locker in Richtung Ziel rollen, auch wenn ich aus der Erfahrung weiß, dass in Schmiedefeld selbst noch einige kleine Hügel auf einen warten, aber das ist im Vergleich zum Rest der Strecke nicht mehr der Rede wert. Nach dem Lift geht es über die große Straße nach Suhl und dann nach einigen Zacken endlich in die Bebauung in Schmiedefeld. Bald darauf windet sich der Weg mit einigen letzten Höhenmetern entlang der Bebauung und ein letzter Abschnitt führt nochmals über geschotterten Untergrund. Richtig Gasgeben kann ich dann als ich auf der Straße bin von der ich mir sicher bin: Noch die eine kleine Kuppe und dann kommt der Zielbereich in Sicht. So ist es dann auch. Trotz Pandemie stehen doch einige Zuschauer an der Strecke und auch die Begrüßung durch den Stadionsprecher ist wie üblich herzlich bis überschwänglich. Nach 8:39:38h bin ich glücklich im Ziel. Es hat alles geklappt auch wenn die Zeit im Vergleich deutlich schlechter ist als bei den letzten Teilnahmen – aber man braucht ja auch wieder neue Ziele nach der Corona-Pandemie. Insgesamt bin ich 297. von 755 Teilnehmern die das Ziel erreicht haben. Somit doch noch deutlich in der vorderen Hälfte, in der Altersklasse sieht es nicht ganz so gut aus: 50er von insgesamt 88 Finishern, aber was solls – Hauptsache endlich wieder Laufen, endlich wieder Rennsteig. Am Ausgang gibt es dann auch die Medaille.

Im Ziel mache ich dann erst mal ein wenig Pause, Marion hat es wider Erwarten nicht geschafft bis zu meinem Zieleinlauf dort einzutreffen. Sie meldet sich kurze Zeit später – aufgrund der Sperrungen musste sie über Suhl bis kurz vor Schmiedefeld fahren, die letzten 5km vom Parkplatz Wegscheide sind dann allerdings ein Fußmarsch. Die Ausschilderung der Parkmöglichkeiten und Shuttlebusse hat hier wohl nicht so ganz geklappt. So muss ich etwas mehr als eine Stunde warten bis die Familie endlich eintrifft – somit auch ein kleiner Rennsteig für die Support-Crew. Während ich warte habe ich mir natürlich schon die „Läufersuppe“ abgeholt, wobei ich mich frage was da wohl drin ist und wonach „Läufersuppe“ schmecken soll: Nach durchgeschwitzten Käsefüßen vielleicht? Die Realität ist besser: Es ist eine einfache Gemüsebrühe, aber sie ist angenehm warm und vor allen Dingen enthält sie genügend Salz um Krämpfen vorzubeugen. Gleich daneben gibt es dann auch das Finisher-Shirt. Leider muss ich sagen, das Motiv hat mir schon mal deutlich besser gefallen als in diesem Jahr. Immerhin gibt es das Trikot auch wirklich nur wenn man im Ziel ist, somit kann man sicher sein: wenn jemand damit rumläuft ist er das Ding auch durchgelaufen. Nachdem wir uns endlich gefunden haben gibt es erst mal noch das Zielbier und für die Kinder eine Stärkung in Form von Kloß mit Soß.

Der Rückweg an die Wegscheide klappt dann mit einem Shuttlebus auch wenn hier die Organisatoren etwas improvisieren müssen – anstelle des „offiziellen“ Shuttles nach Suhl mit Zwischenstopp kommt ein Kleinbus zum Einsatz der zusätzlich weitere Personen an den verschiedenen Parkplätzen entlang der Strecke nach Suhl absetzt. Bei der nächsten Teilnahme müssen wir mal schauen ob es ggf. geschickter ist, es mit den Shuttle-Bussen von und nach Oberhof zu versuchen. Diese waren in diesem Jahr den Läufern vorbehalten, für Besucher waren sie leider nicht vorgesehen. Hoffen wir einmal, dass die Pandemie demnächst so weit abklingt, dass man auch wieder mehr Zuschauer an der Strecke hat. Auch wenn die langen ruhigen Waldstrecken ihren Reiz haben, die Highlights der Strecke sind doch immer wieder die Versorgungen oder einfach Unterstützer aller Art entlang der Strecke.

 

 

 

One thought on “Rennsteiglauf 2021

  1. Herzlichen Glückwunsch zum Finishen des Super-Marathons.

    Ich finde es gut, dass nur Finisher das T-Shirt bekommen. Manche Sachen kann man sich halt nicht kaufen, sondern muss sie selbst geschafft haben 🙂

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